"Schalom aleichem mal'achei ha-scharet mal'achei Eljon"

 

*

Ein Gespräch über mein neues Engelbuch

https://www.buechergilde.de/aktuelles-2023-wolff-interview

 

 

und hier das Buch:

https://www.buechergilde.de/shop/produkte/17426x-engel   

 

 

"Und wenn die Welt voll Teufel wär' und wollt' uns gar verschlingen,

dann wäre es ganz gut, jemanden wie Uwe Wolff in der Nähe zu haben.

Der promovierte Theologe, Romanautor und Studiendirektor gilt bundesweit

als 'Deutschlands bekanntester Engelforscher' und strahlt

mit fast überirdisch positiver Lebenshaltung das Böse einfach weg.

 

Da ist wer, der uns hält, sagt Wolff, gießt Ingwertee nach,

streichelt den Retriever sanft über den Kopf - und sofort glaubt man es."

Ulrike Posche. In: STERN 52/2019. S. 31. 

 

*

 

 

 

Ein junger Engel-Straßenmaler  -

 

 

ein alter Engelforscher.

Beflügelt aufgewachsen:

 

 

*

 

Unter dem Radar

Das scheint die beliebteste Flugzone der Engel zu sein. 
Der Kulturwissenschaftler Uwe Wolff 
hat ihnen ein sorgsam illustriertes Buch gewidmet 


von Barbara Hallensleben

 

Wenn ein Engelforscher ein Buch über Engel schreibt, ist das nicht weiter verwunderlich. Doch wenn Uwe Wolff, der Engelforscher, nach vielen, Büchern, Artikeln, Vorträgen und Interviews, ein Buch vorlegt, das schlicht den Titel „Engel“ trägt, dann ist Aufmerksamkeit angezeigt. Hier werden die Engel „von A bis Z“ behandelt. Diese literarische Form der Einteilung des Stoffs kennen wir spätestens seit Psalm 119, dessen Abschnitte in ihren Anfangsbuchstaben dem hebräischen Alphabet folgen. Oft wollte diese Struktur helfen, einen umfangreichen Lernstoff leichter zu behalten. Bei Uwe Wolff gibt es mehr als genug zu lernen – aber keine Sorge: Nie begegnen wir einem belehrenden Tonfall, und nie wird Expertenwissen mit einer Gebärde der Überlegenheit ausgespielt. Eher weckt der Autor Freude am spielerischen Entdecken von neuen Welten, besser gesagt: Er zeigt, wie reich, wie vielschichtig, wie überraschend, aber auch wie ernsthaft unsere eine Welt ist.


Wer das Buch liest, braucht keine theologische Vorbildung, nicht einmal eine christliche oder andere religiöse Überzeugung. Unverzichtbar ist allerdings ein gutes Stück Muße und die Bereitschaft, sich aus den Gewohnheiten des geronnenen Weltbildes und seiner standardisierten Umgangsformen herausführen zu lassen. Ständig lädt das Buch ein, mit Stoff und Autor in ein inneres Gespräch zu treten. Selten sind geschriebene Texte so voller Leben wie in diesem Buch – und am Ende mag man sogar vergessen, dass man gerade „nur liest“. Die Abschnitte (von wenigen Zeilen bis etwa vier Seiten) sind genau die Portionen, die im Tablet-Zeitalter verdaubar sind – und gleichzeitig von den Fesseln dieser Kommunikationsform entwöhnen.

Die „Büchergilde Gutenberg“, die das Buch publiziert, macht ihrer Verlagsidee alle Ehre: „Unsere Bücher gestalten wir mit sprühender Kreativität, Liebe zum Detail und geballter Expertise“, heißt es auf der Website. Man erhält ein Buch mit Festeinband, Fadenheftung, Einlegebändchen, blau eingefärbtem Schnitt – und voller Illustrationen von Sebastian Rether, aussagekräftig reduziert auf kleine Tuschzeichnungen, versehen mit einem Schuss Humor und stets mit der Leichtigkeit der Engel. Schon das Umschlagbild enthält eine Botschaft: auf schwarzem Hintergrund in weißen Buchstaben das Wort ENGEL – und der zentrale Buchstabe G wird gerade von einem kleinen Teufelchen erklommen. Was hier noch wie ein lustiger Kontrapunkt wirken könnte, wird im Buch selbst bitterer Ernst: Uwe Wolff, der nicht zuletzt das Schicksal der Anneliese Michel, die nach einem Exorzismus starb, literarisch aufgearbeitet hat, verharmlost an keiner Stelle die biblisch bezeugte Realität der Mächte und Gewalten des Bösen, mit denen nicht zu spaßen ist und denen man mit ethischen Normen nicht beikommt: „Im Angesicht des Bösen reicht eben guter Wille nicht aus“ – so zitiert Uwe Wolff Bundespräsident Steinmeier. Gerade weil er um das Leben als Anfechtung und Kampf weiß, wird der Schutz durch unsere himmlischen Begleiter umso wichtiger. So groß ist die Hoffnung, dass sie sich sogar bis zur Erlösung der gefallenen Engel weitet – und damit zum Gott der Liebe, der in Ewigkeit um seine Geschöpfe ringt. „Was aber geschieht, wenn der Satan keine Begnadigung annimmt?“


Das Verzeichnis der gewählten Stichworte lässt erkennen, dass es wirklich um das gesamte A bis Z des menschlichen Lebens geht. Neben klassischen Stichworten der Engellehre wie Cherubim und Seraphim, Elementargeister, Erzengel, Hölle, Lucifer, Satan, Schutzengel etc. ist die Mehrzahl der Beiträge Themen gewidmet, die nicht unmittelbar zu erwarten waren oder an die Engelweisheit unserer Sprache anknüpfen: Burn-out, Druckfehlerengel, Engelsgeduld, Fußball, Himmlische Buchführung, Influencer, Klimawandel, Luther, Karl May, Missbrauch, Musik, Pippi Langstrumpf, Queen Elisabeth II. (so ist auch das „Q“ gesichert!), Resilienz, Schlafstörungen, Sündenbock, Tango, Teufelskreis, Transgender, Ukraine, Werbung.

Es gibt keinen besseren Einstieg in das Buch als den Artikel „Engelforschung“. Wo, wenn nicht hier, sollte der Autor seine Anliegen preisgeben? Die Begeisterung spricht gleich aus dem ersten Satz: „Die Engelforschung oder griechisch Angelologie gehört gewiss zu den beglückendsten Aufgaben der Kulturwissenschaft. Sie ist eine Lebens- und Lesekunst“. Kulturwissenschaft – das ist das Habilitationsfach des Autors. Kulturwissenschaft – das ist aber auch diejenige Wissenschaft, die eine Brücke schlägt zu den Lebensräumen der Menschen, „Kultur“ genannt: „Engelforschung arbeitet interdisziplinär. Mit spirituellem Spürsinn sucht sie die Spuren der Engel in den heiligen Texten der Menschheit, in Anthropologie, Philosophie, Liturgie, Hymnologie, in Kunst, Musik, Dichtung, Tanz und ungezählten weiteren Disziplinen. Ihr methodisches Vorgehen steht in der talmudischen Tradition des religiösen Gesprächs und einer kombinatorischen Fantasie“. Besser lässt sich Ziel und Methode dieses Buches nicht kennzeichnen. 

Und wo bleibt die Theologie? Soweit sie ihre kulturstiftende Kraft gewahrt hat, wird sie all ihren Stoff seit der Bibel über Dionysius Areopagita und Thomas von Aquin bis zu Papst Franziskus wiederentdecken und im Autor einen der Ihren finden. Doch Uwe Wolff buhlt nicht um diese Anerkennung: „Die Theologie hat im Laufe ihrer Geschichte Abschied von Gott genommen, Abschied von Sünde und Teufel, Abschied von der Kirche, Abschied von Kreuz und Erlösung, Abschied von der Auferstehung Jesu und dem Weltgericht. Die Engel hat sie nicht übersehen, aber eines Abschieds für unwürdig gehalten. Manchmal ist es ein Segen, unter dem Radar der sogenannten Wissenschaft zu fliegen“.

Unter dem Radar – dies scheint auch die beliebteste Flugzone der Engel zu sein. Man kann sie nicht objektivierend „fest-stellen“ wollen. Sie sind in Bewegung und tauchen in den höchsten Höhen und den tiefsten Abgründen unserer Existenz ungefragt auf: in den Prüfungen Hiobs und im Ringen Jaakobs am Jabbok ebenso wie in den Engelerfahrungen von Marc Chagall, Karl May und vielen anderen, deren Zeugnisse das Buch uns nahebringt. Zu ihnen gehört auch der Autor selbst. So kann nur jemand über Engel sprechen, der mit ihnen lebt und deshalb anderen dazu verhelfen kann, zu eigenen Begegnungen mit ihnen zu finden. An keiner Stelle des Buches wird sich das Gefühl einstellen: „Nun weiß ich Bescheid.“ Uwe Wolffs Werk entzieht sich jeder Objektivierung. Eine spannungsreiche Vielgestaltigkeit bleibt erhalten: Der kämpferische Erzengel Michael steht neben den schwachen, verletzlichen Engeln im Werk von Paul Klee und Walter Benjamin.

Immer lesen wir über Engel im Spiegel von Zeugen und Zeuginnen, und so begegnet uns in diesem Buch auch Uwe Wolff selbst. Wie hat er nur diesen immensen Schatz zusammengetragen? Vielleicht auf Zehntausenden von Karteikarten, wie sie sein verehrter Lehrer Hans Blumenberg anzulegen pflegte? Dankbar dürfen wir ihm vor allem für seine literarische Gestaltungskraft und seine kreativen Aphorismen und aphoristische Zitate sein, von denen einige wenige hier abschließend zum Lesen des Buches anregen können: „Schweigende Engel atmen nur einmal durch. Dann singen sie wieder“. „In jedem Herzen gibt es einen Engelberg. Jederzeit können wir auf seinem Gipfel Momente der Stille und Augenblicke aus der Ewigkeit erfahren“. „Mütter sind Engel in der Lehre – Großmütter sind Engel, die eine zweite Chance bekommen haben“. „Jede spirituelle Wiedergeburt hinterlässt Schwangerschaftsnarben auf der Seele“. Die Bilanz, mit der die Engelwelt sich auf den Gott öffnet, der sie als Boten und Begleiter sendet, sei Ernst Jünger überlassen, dessen Tagebuchnotiz vom 23. Dezember 1944 Uwe Wolff zitiert: „Wir müssen uns in unserer Eigenschaft als Rationalisten überwinden lassen, und dieser Ringkampf findet heute statt. Gott tritt den Gegenbeweis gegen uns an“. Möge ihm durch seine Engel Erfolg beschieden sein!

(Die Autorin ist Inhaberin des Lehrstuhls für Dogmatik und Theologie der Ökumene.

Ihre Besprechung erschien in der Tagespost vom 23. November 2023)