„Du kennst mich ja und weisst,

dass ich schon seit Jahren keine Gesellschaften und Festlichkeiten mehr besuche.

Nicht mal bei den Hochzeiten meiner Neffen und Nichten bin ich zugegen gewesen.“

Wilhelm Busch an Erich Bachmann, Mechtshausen 30. August 1900

 

*

 

In Mechtshausen verbrachte Wilhelm Busch (1832-1908) seinen Lebensabend.

Hier steht dieses Denkmal.

Im Ambergau unweit der A7 scheut der Landwirt nicht das klare Wort.

Bauer Wortmann sagt,

das Denkmal stelle die deutsche Corona-Politik der Jahre 2020/21 dar.

Und er wünscht den Politikern das Schicksal von Max und Moritz.

 

 

 

„Was mich betrifft,

so hab ich es schon längst für passend gefunden,

seitab von der ‚großen Welt‘ zu wohnen.

Nur schwach aus der Ferne hör ich das Knarren und Sausen des Räderwerks.“

24. Mai 1901 an Marie Hesse

 

 

 

 

"Eins, zwei, drei im Sauseschritt

läuft die Zeit, wir laufen mit" -

 

lesen wir auf dem Denkmal vor dem Pfarrhaus von Pastor Nöldeke.

Mechtshausen wird 1132 zum ersten Mal erwähnt

und bestand ursprünglich aus drei Höfen.

 

Die Dorfbewohner besuchten die Kirche von Odenhausen,

ein Ort, dessen Name noch an die alten Götter erinnert.

1848 legte ein Brand große Teile des Dorfes in Schutt und Asche.

 

Im neuen Pfarrhaus seines Neffen Otto Nöldecke

wohnte Wilhelm Busch mit seiner Schwester Fanny Nöldecke die letzten zehn Jahre seines Lebens.

Er konzentrierte seine Kontakte ganz auf die Familie,

las mystische, okkulte und religionswissenschaftliche Bücher

und Max Stirners anarchisches Manifest "Der Einzelne und sein Eigentum".

 

 

Wenn er aus den Fenstern schaute, sah er auf den Heber ("Erhebung").

 

„Unsere Welt im Schnee machte sich gut.

Von der Stube aus sah ich gern in die Gegend.

Abends, querdurch der schwarze Heber.

Drüber der Abendstern.

Unten das weiße Schäferfeld.

Näher im Garten der alte Birnbaum.

Und ganz nahe, hinter der Fensterscheibe, ein glühender Punkt,

das Spiegelbild meiner brennenden Zigarette.“

21. Februar 1900 an Grete Meyer

 

*

 

 

Busch hatte sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen,

las Romane und wanderte am Waldrand entlang

zu den Gräbern der Wüstung Odenhausen und zur Tilly-Eiche.

 

 

 

Hier ruhte er gerne

und blickte gen Osten in den Harz.

 

 

"Inzwischen ist der Frühling aufgewacht und beginnt sich anzukleiden.

Schneeglöckchen, die hier auch wild im Walde wachsen, blühen in Menge beihaus.“

21. Februar 1899 an Grete Meyer

 

*

 

Am Waldrand hinter seinem Rücken blühten

zehn Jahre lang jeden Frühling

Millionen Märzenbecher.

 

Ein alter Hund braucht nicht viel mehr.

 

*

 

 

 

 

 

Nur ab und zu einen guten Schluck.

 

„Und gewiss, nur in der Tiefe der Seele, mit Hülfe jener Kraft,

die stärker ist als alle Vernünftigkeit,

kann Trost und Ruhe gefunden werden. -

Mehr mag ich nicht reden darüber.“

16. Oktober 1905 an Nanda Keller

 

 

 

 

So starb Wilhelm Busch alt und lebenssatt.

 

„Das hochfliegende Wort Freiheit bedeutet hienieden,

förcht ich, immer weniger, je mehr man’s sich ansieht.

Vielleicht, um es neckisch auszudrücken,

waren wir frei vor Raum und Zeit,

vielleicht werden wir’s wieder nach Raum und Zeit.

Bis dahin hab ich mir vorgenommen, hübsch geduldig und bescheiden zu sein.“

25. März 1900 an Grete Meyer

 

 

 

 

 

Sein Grabstein wurde irgendwann von den Eismassen

aus Schweden in den Ambergau geschleift.

Besucher haben wir hier nie gesehen.

 

 

 

 

 

„Wenn ich zurückblicke auf mein Leben, will’s mir scheinen, es sei eher wünschenswert jung zu sterben, als alt zu werden und stets mehr zu verlieren und zu tragen. Immer schwerer drückt das Gepäck, je älter man wird, während die Jugend viel leichter in’s Jenseits geht. Weiter hinaus, wie sieht es denn aus in der Welt? Der große Karren knackt bedenklich. Verzweifelte Menschen flüchten bereits über die Grenze zu uns; doch auch hier grummelt es bereits an allen Ecken. Da ist am besten dran, wer festes Vertrauen auf Gott besitzt und getrost in die Zukunft blickt.

Derweil such ich, so gut es geht, in der Nähe einen Zipfel der Natur zu erfassen, damit ich nicht mürrisch werde. Im Haus hör ich die fröhlichen Stimmen der Kinder, die glücklich erregt sich in Erwartung des Lichterbaumes und der Bescherung heut Abend. Draußen krähen die Hähne, die Enten trompeten. Zu den Futternäpfen in den Bäumen fliegen die listigen jungen Meisen. Täglich beseh ich im Garten die träumenden Pflanzen. Sie leben noch, erwachen wieder, wenn der Frühling kommt, und so nehm ich sie als Bild unseres eigenen Daseins.“

24. Dezember 1905 an Johanna Keller